Elternbrief: Schrittweise Öffnung der Kindertagesbetreuung
Kommentare deaktiviert für Elternbrief: Schrittweise Öffnung der KindertagesbetreuungLiebe Eltern, nachfolgend lesen Sie den Elternbrief von Dr. Joachim Stampf/ Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein Westfalen. Der Brief als pdf-Datei ist hier hinterlegt.
11. Mai 2020
An
die Eltern
in Nordrhein-Westfalen
Schrittweise Öffnung der Kindertagesbetreuung
Liebe Eltern,
die Corona-Pandemie stellt uns alle vor ungeahnte Herausforderungen. Insbesondere für Familien mit Kindern ist der Lock-Down eine enorme Belastung. Als Familienvater von zwei Töchtern weiß
ich, wie sehr sich die Kinder nach ihren Freundinnen und Freunden
sehnen. Ich weiß, wie wichtig es ist, dass Kinder wieder täglich in
der Kindertagesbetreuung gefördert werden. Und ich weiß, mit welchen Härten Eltern unter den derzeitigen Umständen zu kämpfen
haben, um Familie und Beruf irgendwie gemeinsam hinzubekommen. Ich habe daher mehrfach öffentlich kritisiert, dass die Perspektive von Familien in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommt.
Gerade Familien mit jüngeren Kindern haben mit großem Verzicht
Außergewöhnliches geleistet und entscheidend dazu beigetragen,
die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Dafür danke ich Ihnen
von ganzem Herzen.
Wir können jetzt die Kindertagesbetreuung schrittweise wieder öffnen. Ich hätte mir dabei gewünscht, dass wir als Länder hier vom
Bund schon früher grünes Licht bekommen hätten, denn ein Konzept lag vor. Umso wichtiger ist es, jetzt keine Zeit zu verlieren, um
die weiteren Öffnungsschritte zügig einzuleiten.
Bei allen Schritten müssen wir allerdings bedenken, dass wir mit
jüngeren Kindern die Abstandsregeln nicht einhalten können. Im
Gegenteil: Sie brauchen Nähe und Geborgenheit. Darum haben wir
ein Konzept entwickelt, wie mit kleineren Gruppen Hygieneregeln
eingehalten werden können und ein verantwortbarer Umgang in
den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege möglich ist.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass uns momentan
viele Fachkräfte fehlen, die zur Risikogruppe gehören. Die Träger
von Kindertageseinrichtungen und die Kindertagespflegestellen
müssen derzeit mit landesweit über 20 Prozent weniger Personal
arbeiten. Wir haben also insgesamt durch die kleineren Gruppen
einen höheren Betreuungsaufwand bei deutlich weniger Personalressourcen.
Deswegen können in den nächsten beiden Öffnungsschritten noch
nicht alle Kinder berücksichtigt werden. Wir haben nach vielen intensiven Beratungen mit Kommunen, Trägern, Verbänden der Kindertagespflege, Gewerkschaften und Landeselternbeirat Kriterien
festgelegt, mit denen wir bei der stufenweisen Öffnung vorgehen.
Wir haben die Vorschulkinder besonders berücksichtigt, um ihnen
einen guten und geordneten Übergang aus ihrer Kita-Zeit zu ermöglichen. Ebenso möchten wir allen Kindern, die das zweite Lebensjahr vollendet haben, die Möglichkeit geben, wieder in ihrer Kindertagespflegestelle betreut zu werden. Auch hier wollen wir genug
Zeit für einen geordneten und liebevollen Übergang in die Kindertageseinrichtung schaffen.
Darüber hinaus nehmen wir Kinder mit Behinderungen in den Blick.
Diese Kinder haben oftmals erhöhten pädagogischen Förderbedarf
und brauchen darüber hinaus Therapien, die vielfach in der Kindertagesbetreuungseinrichtung erbracht werden.
Ich weiß, dass ich viele Familien enttäusche, die durch die Öffnungsschritte noch nicht entlastet werden. Manche hätten sich lieber ein tage- oder stundenweises Konzept gewünscht, das dann
noch mehr Kinder eingebunden hätte. Wir haben dies mit den Trägern intensiv diskutiert, sind aber in der Abwägung zu dem gemeinsamen Ergebnis gekommen, dass nur wenige Stunden an wenigen
Tagen den Familien nur wenig hilft, während wir mit dem gewählten
Schritt zunächst für die Kinder, die sich in einem Übergang befinden, eine echte Betreuung ermöglichen können.
Es haben mich auch Zuschriften erreicht, die gefordert haben, die
Entscheidung den Kitaleitungen vor Ort zu übertragen. Dies wäre
für mich vielleicht der bequemste Weg gewesen. Aber auch hier
haben wir auf ausdrücklichen Wunsch der Träger den gemeinsamen Entschluss gefasst, die Entscheidung, wer kommen darf und
wer nicht, nicht auf die Kitaleitungen abzuwälzen und im ganzen
Land gleich vorzugehen. Darum öffnen wir in Schritten.
Im Juni wollen wir einen weiteren Öffnungsschritt vollziehen, bei
dem alle Kinder einbezogen werden. In welchem Umfang dies möglich ist, können wir heute noch nicht präzise voraussagen. Das wird
davon abhängen, wie viele Fachkräfte in der Kindertagespflege und in den Einrichtungen zur Verfügung stehen und ob weitere wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen auch wieder größere Gruppen zulassen.
Es wäre unfair, Ihnen heute Versprechen zu geben, die nicht eingehalten werden können. Ich verspreche Ihnen aber, dass ich mit
meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterhin fortlaufend unsere Konzepte weiterentwickeln werde, um so schnell wie möglich
und verantwortbar allen Kindern wieder ihre Kindertagesbetreuung
zu ermöglichen.
Ich weiß, dass wir Ihnen viel zumuten. Gleichzeitig hoffe ich, dass
ich Ihnen erläutern konnte, warum wir diesen Weg der schrittweisen
Öffnung gehen.
Ich bitte um Ihr Verständnis und wünsche Ihnen, Ihren Familien und
uns allen Kraft und Gesundheit für die nächsten Wochen.
Herzliche Grüße
Ihr
Dr. Joachim Stamp